Geschichte

Erste offizielle Wanderkarte mitsamt der Alp Collo
(c) Swisstopo 1895

 

Die Familie Cavalli
Während Generationen gehörte die Collo (oder Alp Chel) wie auch andere Alpen im Onsernonetal der Familie Cavalli. Die Nordalp war jeweils von März bis November bewirtschaftet und Danilo Cavalli, der letzte Zeitzeuge der als Kind regelmässig auf Collo war erzählt: 

"Mein älterer Bruder hat von März bis November bei meiner Tante auf Collo verbracht, denn die Tante hatte in der Nacht alleine auf der Alp Angst. Er musste jeweils um 5:00 Uhr aufstehen, den Kühen Wasser bringen und dann ist er zusammen mit Alfredo, der vorne auf Calascio wohnte ins Tal nach Intragna in die Schule gelaufen. An Abend kamen die beiden dann wieder hoch. Das Funnivia nach Costa gab es zum Glück schon. So dauerte der Marsch nur 1,5 Std. Am Abend musste er wieder den Tieren Wasser und der Tante für das Feuer im Kamin Holz bringen. Oft hatte er auch viel Gepäck, Nahrungsmittel und so aus dem Tal auf die Alp zu tragen…." (Danilo  Cavalli, 2012)

Als die Nordalp nicht mehr rentiert, verkauft die Familie Cavalli die Alp an Mascha Oettli

Marie-Louise (Mascha) Oettli (1908-1997)
Geb. am 11. Juni 1908 als Tochter von Max und Natalie Oettli-Kirpitschnikowa. Ihre Kindheit verbrachte Mascha Oettli in Glarisegg bei Steckborn am Untersee. Im Frühling 1921 siedelte die Familie Oettli nach Vers-chez-les-Blanc bei Lausanne um. Mascha besuchte in Lausanne das Mädchen-Gymnasium. Sie interessierte sich für die aktuelle Politik und wurde Mitglied der Mittelschüler-Bewegung, wo sie die später sehr bekannnt gewordenen Sozialdemokraten Eugen Steinemann und Ruedi Schümperli (Escherbund) kennen lernte. Nach der Matur begann Mascha Oettli ein Studium der Medizin und der Naturwissenschaften. Dann hörte sie von der deutschen Schule 'Walkemühle' in Melsungen (Hessen), an der Minna Specht und Leonard Nelson wirkten. Die volkswirtschaftlichen Lehrinhalte interessierten Mascha Oettli, und sie verpflichtete sich bei der 'Walkemühle' für drei Jahre und war Mitglied des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes. An der Landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn schloss sie als Diplomlandwirtin mit der Arbeit "Verschuldung der schweizerischen Landwirtschaft" ab. Wegen Widerstandsarbeit gegen den Nationalsozialismus denunziert, kehrte sie in die Schweiz zurück.

Mascha Öttli
Mascha Oettli mit ihrem Schwager auf der Alp Collo um ca. 1966

Hier kaufte sie im Tessin diverse Rustici, unter anderem auch Chel von der Familie Cavalli. Als Diplomlandwirtin lag Ihr daran, ein Stück Landwirtschaftskultur im Tessin zu erhalten. Die Häusergruppe Al Forno diente während und nach dem Krieg als geschützter Aufenthaltsort für politische Flüchtlinge aus Deutschland. Betreut von der Pionierin der politischen Bildungs- und Frauenbewegung, Mascha Oettli, ist Al Forno nach dem zweiten Weltkrieg immer mehr zu einem offenen Ferienort geworden. Mascha arbeitete im VPOD, für den VHTL und für den Schweizerischen Landfrauen-Verband. 1952 wurde Mascha Oettli Zentralsekretärin der SPS.

Arthur Wyss
1986 lernte Mascha Oettli anlässlich der Zirkus Halley-Aktion in Hinterkappelen Arthur Wyss kennen. Angesichts ihres hohen Alters war sie nicht mehr in der Lage Chel, die letzte Alp die sie noch behalten hat, weiter zu unterhalten. Sie vertraute die Pflege Arthur Wyss an. Nach Maschas Tod 1997 machte Arthur Wyss von seinem Vorkaufsrecht für Chel Gebrauch und erwarb die Alp im Februar 2003 von den Erben. Weiterhin soll die Pflege von Chel im Sinne Maschas weitergeführt werden. Das heisst: die Bauten sanft unterhalten und renovieren, um sie vor dem Zerfall zu schützen. Und ganz insbesondere die Wiese jährlich mähen und regelmässig holzen, um der rasant fortschreitenden Verwaldung und Vergandung Einhalt zu gebieten. Naturbegeisterte Menschen sollen auf Collo einen Rückzugsort finden.

Forschung auf Collo
Die Alpen im Tessin verganden immer mehr. Bald sind die meisten Höhenlagen nur noch von Wald überzogen. Dies hat Konsequenzen nicht nur für den Menschen, sondern auch auf Flora, Fauna und Erosion: Die Biodiversität nimmt ab, Blumen, Schmetterlinge, Futter für das Wild wird weniger, im Jungwald nimmt die Erosion zu. Seit den 90er Jahren stellen wir Collo Forschern der Universitäten Bern und Potsdam zur Verfügung, die zu diesen Themen forschen.
 

 

Sehenswerter Filmbeitrag über das wilde Onsernonetal von Doris Metz, 2013